Holzkohle-Herstellung
Im Sommer geht beim Grillen so mancher Sack Holzkohle in Rauch auf. Auch die Herstellung dieses Brandguts setzt viel Qualm frei. Wir zeigen ein altes Handwerk, viel Knochenarbeit und leidenschaftliche Traditionspflege.
In einem 10-Kilo-Sack Holzkohle stecken an die 100 Kilo Holz", sagt Peter Feldmer kurz und knapp. Der Mann muss es wissen, denn seit 1991 produziert der Forst-Ingenieur das Brennmaterial an einem historischen Kohlplatz. Die "Harzköhlerei Stemberghaus" nahe Hasselfelde ist eine der wenigen heute noch aktiven Köhlereien in Deutschland. Zumeist kommt der Brennstoff aus der modernen Retorte (Stahlkessel), aber von April bis Oktober wird hier Holzkohle noch auf traditionelle Weise hergestellt.
Dann sind rauchende Erdmeiler zu sehen und interessierte Besucher willkommen. Ihnen erläutert der Fachmann: "Bei der Verkohlung von Holz werden dem Material alle flüssigen und gasförmigen Inhaltsstoffe entzogen. Die verbleibenden festen Bestandteile haben weniger Volumen und sind sehr viel leichter."
Alles andere als leicht war über Jahrhunderte die Arbeit der Köhler. Das erschließt sich den Gästen der jährlichen Köhlertage am Stemberghaus bereits beim Aufbau des traditionellen Erdmeilers. Es beginnt mit dem Quandelschacht, um den dann in mehreren Schichten und Etagen Holzscheite gesetzt werden, bis eine Kegelform erreicht ist.
Zum Abdichten bilden zum Beispiel Laub, Moos oder grünes Fichtenreisig das sogenannte Raudach. Schließlich wird Erde ("Stübbe") aufgeworfen und der Meiler zur Stabilisierung mit Stützen – ähnlich aufgestellten Besen – ausgerüstet. Traditionelle Holzkohleherstellung ist heute nicht mehr rentabel, aber das alte Handwerk hat treue Freunde. In Deutschland engagieren sie sich in zirka 50 Köhlervereinen und geben Besuchern auf Köhlertagen oder Meilerfesten Einblick in die überlieferten Arbeitsweisen. So auch beim Fest am Stemberghaus.
Karl-Josef Tielke, Mitglied des Harzer Vereins, war von klein auf rußgeschwärzt: "Bis zum Großvater waren in meiner Familie alle Köhler." Mittlerweile ist er selbst Köhlermeister und kommt mit Ehefrau sowie beiden erwachsenen Söhnen regelmäßig aus Paderborn in den Harz. Hermann Hohmann aus dem Südharz hat der Meilerqualm bereits früh betört: "Ich war als Zehnjähriger mit der Schule beim Köhler, da ist etwas hängengeblieben." Später lernte er das Handwerk von Grund auf und im nächsten Jahr ist er 50 Jahre Köhler. Als erfahrener Meister seines Fachs zieht er weit durchs Land, um Schaumeiler zu betreuen.
Mit dem Anzünden des Meilers beginnen heikle Stunden. Während der ersten ein bis drei Tage ist alle paar Stunden eine Kontrolle des Meilers erforderlich. Um ein gleichmäßiges Verschwelen, Verglimmen und schließlich Verkohlen des Holzes zu erreichen, muss sich die Glut im Meiler von oben nach unten sowie sternförmig über mehrere Etagen ausbreiten. Der Köhler steuert diesen Prozess durch gezielte Luftzufuhr. Mit einem langen Stab, dem Stachel, sticht er von außen Löcher (Ruhmen) in den Meiler.
Der austretende Qualm informiert über den inneren Zustand. Zunächst ist der Rauch rußig dunkel, dann weiß und am Ende bläulich transparent. Bei dem schwiergen Prozess entscheidet das rechte Maß über den Erfolg: Zu viel Luft führt zu offenen Flammen, zu wenig lässt die Glut erlöschen. Kommt Wind auf, muss der Köhler sofort handeln, denn er weiß: "Sturm ist der Tod des Meilers." Wenn alles gut geht, erfolgt die Ernte nach einigen Tagen, man spricht auch vom "(Aus-)Ziehen" der garen Kohle. Nach einem "Zug", deckt der Köhler den Meiler wieder sorgfältig ab und öffnet später ein anderes Segment. Nicht komplett verkohlte Holzstücke dienen als Zündmaterial für den nächsten Meiler.
Sodann steht dem "Absacken", dem Abfüllen der Holzkohle in Säcke, nichts mehr im Wege. Es ist einmal mehr vollbracht. Aus Qualm und rußigen Staubwolken strahlen die schwarzen Gesichter der vereinten Köhlermeister, Jungköhler, Gesellen und "Haijungen". Ob sie das Handwerk zum Broterwerb ausgeübt haben oder ihre Meriten als Köhler erst im Rentenalter erwarben, sie fühlen sich einer überlieferten Tradition verpflichtet. "Wir haben Sorge, dass das alles irgendwann vorbei ist", formuliert der Oberharzer Hartmut Thien. An begeistertem Nachwuchs fehlt es dem Verein jedoch nicht. Auch Peter Feldmers Arbeit wird fortgesetzt, seine beiden Söhne sind längst gestandene Köhler. Deshalb besteht Hoffnung, dass es gemäß ihrem traditionellen Gruß für Köhler (und Grill-Fans) auch weiterhin heißt: "Gut Brand!"